Manche Pflanzen können Monate ohne Wasser überleben und werden nach einem kurzen Regenguss wieder grün. Eine aktuelle Studie der Universitäten Bonn und Michigan zeigt, dass dies nicht auf ein „Wunder-Gen“ zurückzuführen ist. Diese Fähigkeit ist vielmehr eine Folge eines ganzen Netzwerks von Genen, die fast alle auch in anfälligeren Sorten vorhanden sind. Die Ergebnisse sind bereits online erschienen Das Pflanzenblatt.
In ihrer Studie haben die Forscher eine an der Universität Bonn seit langem erforschte Art unter die Lupe genommen – die Auferstehungspflanze Craterostigma plantagineum. Seinen Namen trägt es zu Recht: In Zeiten der Dürre könnte man meinen, es sei tot. Aber auch nach Monaten der Dürre reicht ein wenig Wasser, um es wiederzubeleben. „An unserem Institut untersuchen wir seit vielen Jahren, wie die Pflanze das macht“, erklärt Prof. Dr. Dorothea Bartels vom Institut für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO) der Universität Bonn.
Zu ihren Interessen gehört die Gene die für die Trockenheitstoleranz verantwortlich sind. Es wurde immer klarer, dass diese Fähigkeit nicht das Ergebnis eines einzelnen „Wundergens“ ist. Stattdessen sind sehr viele Gene beteiligt, die zumeist auch bei Arten vorkommen, die mit Trockenheit nicht so gut zurechtkommen.
Die Pflanze besitzt acht Kopien jedes Chromosoms
In der aktuellen Studie analysierte Bartels Team zusammen mit Forschern der University of Michigan (USA) das komplette Genom von Craterostigma plantagineum. Und das ist ziemlich komplex aufgebaut: Während die meisten Tiere zwei Kopien jedes Chromosoms haben – eine von der Mutter, eine vom Vater – hat Craterostigma acht. Ein solches „achtfaches“ Genom wird auch oktoploid genannt. Im Gegensatz dazu sind wir Menschen diploid.
„Eine solche Vervielfachung der genetischen Information lässt sich bei vielen beobachten Pflanzen die sich unter entwickelt haben extreme Bedingungen“, sagt Bartels. Aber warum ist das so? Ein wahrscheinlicher Grund: Liegt ein Gen in acht statt in zwei Kopien vor, kann es im Prinzip viermal so schnell abgelesen werden. Ein oktoploides Genom kann daher die sehr schnelle Produktion großer Mengen eines benötigten Proteins ermöglichen. Diese Fähigkeit scheint auch für die Entwicklung von wichtig zu sein Trockenheitstoleranz.
Bei Craterostigma werden einige Gene, die mit einer größeren Dürretoleranz verbunden sind, sogar noch weiter repliziert. Dazu gehören die sogenannten ELIPs – das Akronym steht für „Early Light Inducible Proteins“, denn sie werden durch Licht schnell aktiviert und schützen vor oxidativem Stress. Sie kommen in hoher Exemplarzahl bei allen dürretoleranten Arten vor.
„Craterostigma hat fast 200 ELIP-Gene, die nahezu identisch sind und sich in großen Clustern von zehn oder zwanzig Kopien auf verschiedenen Chromosomen befinden“, erklärt Bartels. Trockenheitstolerante Pflanzen können daher vermutlich auf ein umfangreiches Netzwerk an Genen zurückgreifen, die sie im Falle einer Dürre schnell hochregulieren können.
Trockenheitsempfindliche Arten haben normalerweise die gleichen Gene – allerdings in geringerer Kopienzahl. Das ist auch nicht verwunderlich: Samen und Pollen der meisten Pflanzen sind oft auch nach längerem Wassermangel noch keimfähig. Sie verfügen also auch über ein genetisches Programm zum Schutz vor Dürre. „Normalerweise wird dieses Programm jedoch bei der Keimung abgeschaltet und kann danach nicht wieder aktiviert werden“, erklärt der Botaniker. „In Auferstehungspflanzen hingegen bleibt es aktiv.“
Die meisten Arten können Trockenheit tolerieren
Dürretoleranz ist also etwas, was die überwiegende Mehrheit der Pflanzen „kann“. Die Gene, die diese Fähigkeit verleihen, sind wahrscheinlich schon sehr früh im Laufe der Evolution entstanden. Allerdings sind diese Netzwerke bei dürretoleranten Arten effizienter und darüber hinaus nicht nur in bestimmten Phasen des Lebenszyklus aktiv.
Allerdings hat auch nicht jede Zelle von Craterostigma plantagineum das gleiche „Dürreprogramm“. Das zeigten Forscher der Universität Düsseldorf, die ebenfalls an der Studie beteiligt waren. Beispielsweise sind während der Austrocknung in Wurzeln andere Dürrenetzwerkgene aktiv als in Blättern. Diese Erkenntnis kommt nicht überraschend: Blätter beispielsweise müssen sich vor den schädlichen Auswirkungen der Sonne schützen. Dabei helfen ihnen beispielsweise ELIPs. Bei ausreichender Feuchtigkeit bildet die Pflanze photosynthetische Pigmente, die Strahlung zumindest teilweise absorbieren. Dieser natürliche Schutz versagt bei Trockenheit weitgehend. Wurzeln hingegen müssen keinen Sonnenbrand befürchten.
Die Studie verbessert das Verständnis dafür, warum einige Spezies leiden so wenig unter Dürre. Langfristig könnte es daher dazu beitragen, dass Nutzpflanzen wie Weizen oder Mais besser gezüchtet werden Dürre. In Zeiten des Klimawandels dürften diese künftig stärker nachgefragt sein als je zuvor.